Die aktuellen Zahlen einer Forsa-Umfrage sind ernüchternd: Nur 16 Prozent der wehrfähigen Deutschen wären im Ernstfall bereit, „auf jeden Fall“ für ihr Land zu kämpfen, weitere 22 Prozent „wahrscheinlich“. Demgegenüber lehnt eine deutliche Mehrheit den Dienst an der Waffe ab – bei Frauen sogar über 70 Prozent.
Gleichzeitig gehen 27 Prozent der Befragten davon aus, dass Deutschland in den nächsten fünf Jahren militärisch angegriffen werden könnte. Und fast 60 Prozent erwarten, dass die Bundeswehr anderen NATO-Staaten im Verteidigungsfall beistehen müsse. Mit anderen Worten: Man erwartet Schutz und Einsatz – doch selbst bereit zu sein, diesen Beitrag zu leisten, sind nur wenige.
Patriotismus ohne Pathos – warum er wichtig ist
Der Begriff „Vaterlandsliebe“ ist in Deutschland belastet, oftmals wird er mit Nationalismus oder Militarismus gleichgesetzt. Vielleicht ist „Patriotismus“ auch der passendere Terminus. Dieser muss nicht chauvinistisch aufgeladen sein: Patriotismus kann und sollte vielmehr eine positive Bindung an unser freiheitlich-demokratisches Gemeinwesen bedeuten. Andere Länder machen es vor: In Finnland, Polen, den USA oder den baltischen Staaten ist es selbstverständlich, dass Bürgerinnen und Bürger ihr Land im Ernstfall verteidigen würden. Dort verbindet sich Patriotismus mit der Überzeugung, dass Freiheit und Rechtsstaat es wert sind, geschützt zu werden. Deutschland tut sich schwer, eine ähnliche Haltung in der Breite zu entwickeln. Zumindest unabhängig von Fußballmeisterschaften.
Selbst prominente Politikerinnen und Politiker vermeiden es, ihre Zuneigung zu Deutschland klar auszusprechen. Jüngst etwa wirkte Grünen-Chef Felix Banaszak im ARD-„Sommerinterview“ sehr ungelenk, als er gefragt wurde, ob er Deutschland liebe. Er wich auf den Hinweis aus, er liebe Duisburg und sein Umfeld. Solche Zurückhaltung verstärkt den Eindruck, dass Patriotismus hierzulande keine große Lobby hat.
Nun ist „Liebe“ natürlich auch ein starkes Wort, das könnte man entschuldigend anführen. Allerdings fiel der Grünen-Chef auch in seiner Zeit als Vorsitzender der Grünen Jugend laut Apollo News schon nicht sonderlich positiv in der patriotischen Frage auf: Deutschland sei „ersetzbar“, eine Nation, die keinen legitimen Fortbestand habe.
Das irritierende Verhalten des deutschen Politikers führte im Social Web (siehe hier X) zurecht zum Shitstorm.
Errungenschaften wahrnehmen und wertschätzen
Deutschland bietet noch immer weitgehend Freiheit, Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit und soziale Absicherung. Doch viele scheinen diese Errungenschaften als selbstverständlich anzunehmen, nicht als Ergebnis von wirtschaftlicher Leistung, persönlichem Einsatz und gesellschaftlichem Zusammenwirken. Wer nicht erkennt, was er an seinem Land hat, ist auch weniger bereit, es zu verteidigen. Hier zeigt sich ein eklatanter Mangel an Zugehörigkeitsgefühl und Dankbarkeit – und mit diesen eine schwindende Bindung zwischen Bürgern und Staat.
Zusammenhalt und Loyalität
Mehr als 30 Prozent der deutschen Bevölkerung haben inzwischen einen Migrationshintergrund – rund 25 Millionen Menschen. Davon sind etwa 12 Millionen ausländische Staatsangehörige und 13 Millionen deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger mit Migrationsgeschichte. Es bleibt wichtig zu betonen: Migration ist per se nichts Negatives; Deutschland ist zudem auf Zuwanderung angewiesen. Vielfalt in Kultur und Lebensentwürfen ist eine große Stärke – solange ein gemeinsamer Wertekodex und ein verbindender Loyalitätsrahmen existieren.
Hier stellt sich eine Herausforderung: In einigen Migrantengruppen fehlt auch nach Jahren die emotionale Bindung an Deutschland, basale freiheitlich-demokratische Werte sowie die christlich-jüdische Tradition Europas werden abgelehnt. Die Folge kann eine Selbstisolation einzelner Gruppen (Stichwort: Parallelgesellschaft) sein, die in manchen Stadtvierteln wie eine tickende Zeitbombe wirkt. Die zuletzt häufigen Pro‑Hamas-Demonstrationen lassen zudem einen besorgniserregend tief verankerten Antisemitismus erkennen – eine Haltung, die wir als demokratische Gesellschaft entschieden rechtsstaatlich zurückweisen müssen. Der politische Islam wird zu einer Belastungsprobe für die deutsche Gesellschaft.
Unterdessen wächst in Teilen der angestammten Bevölkerung bekenntnisübergreifend die Sorge, dass die in den letzten Jahren zugewanderten Menschen im Krisenfall nicht dieselbe Verantwortung übernehmen. Das könnte nicht nur die Verteidigungsbereitschaft, sondern auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt nachhaltig belasten.
Vertrauensverlust in Politik und Institutionen
Neben Fragen von Patriotismus und Integration wiegt ein weiterer Faktor schwer: das schwindende Vertrauen in Politik und Institutionen. Ob Energiepolitik, innere Sicherheit, Staatsverschuldung oder die schleppende Modernisierung der Bundeswehr – viele Bürgerinnen und Bürger haben den Eindruck, dass die Politik ihre Aufgaben nicht verlässlich erfüllt.
Die Erfahrungen während der Corona-Pandemie, ungelöste Probleme bei Migration und Integration sowie zahlreiche politische Skandale, wie kriminelle Maskendeals oder massenhafte Klageverfahren gegen Meinungsäußerungen im Netz, haben dieses Misstrauen noch verstärkt. Die Folge: Wer das politische System als ineffizient, ungerecht oder führungsschwach empfindet, wird kaum bereit sein, es im Ernstfall zu verteidigen.
Ein neuer Gesellschaftsvertrag
Deutschland braucht mehr als Appelle, Symbolpolitik oder immer höhere Rüstungsausgaben (die offenbar immer noch ineffizient in der Mittelverwendung sind). Notwendig ist ein neuer Gesellschaftsvertrag, der Verantwortung und Zusammenhalt stärkt. Dazu gehören:
- Patriotismus neu denken
– als Verantwortung für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat, nicht als Nationalismus.
– Bildung und öffentliche Debatte müssen dies klar vermitteln. - Bürgersinn stärken
– Ehrenamt, Katastrophenschutz, Feuerwehr und andere Dienste sichtbarer und attraktiver machen.
– deutlich machen, dass Einsatz für die Bürgergemeinschaft Anerkennung bringt. - Integration mit Loyalität verbinden
– Staatsbürgerschaft stärker an die Anerkennung grundlegender Werte knüpfen.
– gemeinsame Wertevermittlung und politische Bildung verpflichtend fördern.
– Asylstatus der zu uns migrierten Menschen regelmäßig überprüfen (siehe dänische Migrationspolitik). - Politik in die Pflicht nehmen
– Reformen transparent und konsequent umsetzen.
– Sicherheitspolitik und Modernisierung der Bundeswehr verlässlich gestalten. - Eine Dienstpflicht für alle
– ob militärisch oder zivil: Jede und jeder sollte einen zeitlich begrenzten Beitrag leisten.
– das stärkt Identifikation und Gemeinschaftsgefühl, ohne individuelle Freiheit unnötig einzuschränken.
Was ist „Deutschland“ für uns?
Viele vor allem junge Menschen sagen heute offen: „Für Deutschland? Dafür riskiere ich nicht mein Leben.“ Für sie ist das Land oft nur ein Verwaltungsapparat – geprägt von Steuern, Formularen und politisch polarisierenden Streitigkeiten.
Doch Deutschland ist mehr als das:
- Es ist die Summe unserer Freiheit, unserer Kultur, unseres Wohlstands.
- Es sind die Regeln und Werte, die unser Zusammenleben sichern.
- Es ist nicht nur die Politikergeneration von heute, sondern ein über Generationen erarbeitetes Gemeinwesen.
Die Antwort auf die Frage „Was ist Deutschland überhaupt?“ ist daher entscheidend. Sie bestimmt, ob Bürgerinnen und Bürger im Ernstfall bleiben und Verantwortung übernehmen – oder ob sie sich abwenden.
Die Forsa-Umfrage zeigt klar: Deutschland steckt in einer Krise der Identifikation und der Selbstverpflichtung. Viele erwarten Freiheit und Sicherheit, aber nur wenige sind bereit, sie zu gewährleisten. Die Ursachen liegen tief: schwach ausgeprägter Patriotismus, eine allgemeine positive Erzählung von Heimat fehlt, mangelnde Dankbarkeit, gesellschaftliche Spaltung und zunehmender Vertrauensverlust in die Politik.
Die Antwort kann nicht sein, die Realität schönzureden. Sie muss heißen: einen neuen Gesellschaftsvertrag zu schließen, der Verantwortung von allen einfordert und Patriotismus als positive Kraft rehabilitiert. Denn nur ein Land, dessen Bürgerinnen und Bürger im Notfall auch bereit wären, es (mit oder ohne Waffen) zu verteidigen, bleibt langfristig demokratisch, frei und souverän.